Mythos: "Wir nehmen uns einen gemeinsamen Scheidungsanwalt"

Sehr häufig treten Mandanten mit der Bitte an mich heran, einen gemeinsamen Beratungstermin für sich und den Ehepartner zu vereinbaren. Sehr häufig trifft dann meine Auskunft, dass dies leider nicht möglich ist, auf Unverständnis oder gar Verärgerung: Gerade da man sich doch in nahezu allen Aspekten einig sei und in Frieden oder gar Freundschaft auseinandergehen wolle, könne es doch gar nicht zu Problemen kommen. Im Internet finde man viele Erfahrungsberichte, wonach sich Ehepaare einen "gemeinsamen" Anwalt gesucht hätten und sich von diesem hätten beraten lassen.

Tatsache: Gemeinsame Beratung und Vertretung stets unzulässig

Ich möchte an dieser Stelle nicht darauf eingehen, ob und in welchem Umfang Erfahrungsberichte im Internet immer zuverlässig sind oder den tatsächlichen Sachverhalt wirklichkeitsgetreu widergeben (ggf. liegt auch nur eine missverständliche Formulierung zugrunde - siehe unten). Auch möchte ich mich nicht dazu äußern, wie manch ein Kollege möglicherweise tatsächlich vorgeht.

Richtig ist jedoch, dass eine Beratung und / oder Vertretung beider Ehegatten im Scheidungsverfahren oder in damit zusammenhängenden Angelegenheiten ausnahmslos unzulässig ist. Alleine durch die ferne Möglichkeit späterer Konflikte zwischen den Ehegatten stellte die gemeinsame Vertretung eine klare Interessenkollision und schwerwiegende standesrechtliche wie auch ggf. strafrechtlich relevante Verfehlung für den Anwalt dar, die auch nicht durch die Zustimmung aller Beteiligten umgangen werden kann. Der BGH führt hierzu wörtlich aus:

"Die Wahrnehmung anwaltlicher Aufgaben setzt den unabhängigen, verschwiegenen und nur den Interessen des eigenen Mandanten verpflichteten Rechtsanwalt voraus. Diese Eigenschaften stehen nicht zur Disposition der Mandanten.“

Es spielt daher keine Rolle, dass es sich möglicherweise um eine "einfache" und einvernehmliche Scheidung handelt. Eine gemeinsame Vertretung, wie auch eine gemeinsame Beratung beider Ehegatten ist leider nicht möglich.

Ich bitte Sie daher bereits an dieser Stelle um Verständnis dafür, dass ich in Familiensachen stets nur einen Beteiligten vertreten darf und Termine auch nur mit diesem vereinbaren kann.

Richtig aber auch: Für einvernehmliche Scheidung reicht ein Anwalt

Dies bedeutet jedoch nicht, dass zwingend zwei Anwälte beauftragt werden müssen. Es muss lediglich der Scheidungsantrag durch einen Anwalt gestellt werden. Solange die Scheidung selbst unstreitig ist, d.h. der Antragsgegner / die Antragsgegnerin der Scheidung zustimmt und keine weiteren Sachverhalte zu entscheiden sind (Unterhalt, Zugewinn etc.), muss nur die antragstellende Partei anwaltlich vertreten sein.

Lediglich die Beratung / Vertretung beider Beteiligten durch einen Anwalt ist untersagt!

Bei einer einvernehmlichen Scheidung ohne Streitpunkte reicht damit tatsächlich ein Anwalt (mit der einhergehenden Kostenersparnis) - es darf nur nicht der Gemeinsame sein.

Wenn Sie Rückfragen hierzu haben, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.