So errechnen Sie die Kosten Ihrer Scheidung

Eine der von meinen Mandanten am häufigsten gestellten Fragen ist die nach den voraussichtlichen Kosten eines Scheidungsverfahrens. Deren genaue Berechnung, hierauf sei gleich hingewiesen, kann sehr kompliziert werden und hängt nicht selten auch von Faktoren ab, die sich erst im Laufe des Verfahrens ergeben. Die folgende Übersicht kann daher nur einen groben Überblick über die zu erwartenden Kosten geben. Für eine genauere Auskunft in Ihrem Fall stehe ich Ihnen gerne im Rahmen eines persönlichen Gesprächs zur Verfügung.

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Grundfall: die einfache Scheidung

Grundsätzlich gilt: Je einvernehmlicher das Verfahren läuft und je weniger Streitpunkte zu behandeln sind, desto günstiger wird das Verfahren (und auch schneller). Am einfachsten vorherzusagen sind daher auch die Kosten für die einvernehmliche Scheidung, für die im günstigsten Fall auch nur ein Anwalt benötigt wird (siehe auch: Der gemeinsame Scheidungsanwalt). In einem solchen Verfahren sind keine Folgeprobleme zu erörtern (etwa Unterhaltsfragen, Durchführung des Zugewinnausgleichsverfahrens etc.).

Die Kosten für das Scheidungsverfahren selbst werden maßgeblich durch das Nettoeinkommen der Beteiligten Ehegatten bestimmt. Dieses wird addiert und dann mit 3 multipliziert. Das Ergebnis bezeichnet nicht die Kosten selbst, sondern den so genannten "Gegenstandswert" (oder "Streitwert") anhand dessen sich die Anwaltskosten und Gerichtsgebühren bemessen. Im Scheidungsverfahren trägt dabei regelmäßig jeder seine Anwaltskosten, die Gerichtskosten werden geteilt.

Der weiter unten stehenden Tabellen können Sie entnehmen, mit welchen Kosten Sie in Ihrem Fall ungefähr zu rechnen haben. Es handelt sich dabei um zwei Tabellen: Eine mit den Regelgebühren und eine mit den Kosten, wenn Sie einen Anspruch auf Verfahrenskostenhilfe haben.

Beispiel: Die Ehefrau ist auf 450,00 EUR-Basis angestellt. Der Ehegatte verdient 2.000 EUR netto. Gegenstandswert: 7.350,00 EUR (2.000,00 EUR + 450,00 EUR = 2.450,00 EUR x 3 = 7.350,00 EUR).

Die Kosten sind demnach der Zeile "Gegenstandswert bis 8.000 EUR" zu entnehmen und betragen insgesamt ca. 1.800,00 EUR. Die Ehefrau hätte im Beispielsfall einen Anspruch auf Verfahrenskostenhilfe. Die Kosten ermäßigen sich dann auf ca. 500,00 EUR.

Voraussichtliche Kosten nach dem Gegenstandswert

Gegenstandswert (EUR) Anwaltskosten (EUR) Gerichtskosten (EUR)* Gesamt (EUR)**
2.000 470,05 133,50 603,55
4.000 773,50 190,50 964,00
7.000 1.228,68 276,00 1.504,68
8.000 1.380,40 406,00 1.786,40
10.000 1.683,85 361,50 2.045,35
15.000 1.957,55 439,50 2.397,05
20.000 2.231,25 517,50 2.748,75
30.000 2.591,23 609,00 3.200,23
50.000 3.483,73 1.092,00 4.575,73
100.000 4.495,23 1.539,00 6.034,23

* Da in einvernehmlichen Scheidungsverfahren die Gerichtskosten in der Regel geteilt werden, wird hier nur der hälftige Wert angegeben. In streitigen Verfahren kann dieser höher sein.
** Die angegebenen Kosten verstehen sich inklusive der gesetzlichen Mehrwertsteuer von 19%

Voraussichtliche Kosten mit Verfahrenskostenhilfe

Streitwert (EUR) Anwaltskosten (EUR) Gerichtskosten (EUR) Gesamt (EUR)*/**
bis 4.000 0 0 0
5.000 136,85 0 136,85
6.000 258,82 0 258,82
7.000 380,80 0 380,80
8.000 502,77 0 502,77
10.000 746,72 0 746,72
15.000 937,12 0 937,12
20.000 1.127,52 0 1.127,52

* Je nach Ihrer Leistungsfähigkeit können die von der Staatskasse verauslagten Kosten in Form einer Ratenzahlung (max. 48 Raten) von Ihnen zurückverlangt werden
** Die angegebenen Kosten verstehen sich inklusive der gesetzlichen Mehrwertsteuer von 19%

Kostenerhöhende Folgesachen

Die oben dargestellten Kosten erhöhen sich durch jede weitere Angelegenheit, die im Rahmen des Scheidungsverfahrens mitverhandelt und geregelt werden sollen.  Dabei hat jede der dargestellten "Folgesachen" einen eigenen Gegenstandswert, der dem Gegenstandswert des Grundfalls hinzuzurechnen ist.

Bei den allermeisten Ehescheidungen ist von Amts wegen (d.h. ohne, dass es eines Antrages braucht) der so genannte Versorgungsausgleich durchzuführen. Lediglich bei einer kurzen Ehedauer von unter 3 Jahren oder wenn die Eheleute nicht die deutsche Staatsangehörigkeit haben, kann auf den Versorgungsausgleich verzichtet werden.

Mit dem Versorgungsausgleich werden die während der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften der Eheleute ermittelt und untereinander ausgeglichen, gleich ob diese aus der gesetzlichen Rentenversicherung erwachsen, oder in einer betrieblichen oder privaten Altersvorsorge bestehen.

Grundregel: Pro Anwartschaft, die auszugleichen ist, wird der zuvor errechnete Streitwert um je 10 % erhöht (mindestens aber um 1.000,00 EUR). Dabei gilt jeder Anspruch eines Ehegatten aus einer Altersvorsorge als separate Anwartschaft in diesem Sinne.

Beispiel: In unserem Einstiegsfall haben beide Eheleute in die deutsche Rentenversicherung eingezahlt. Zusätzlich hat der Ehemann noch eine betriebliche Altersvorsorge, die ebenfalls zu berücksichtigen ist. Der ursprüngliche Streitwert von 7.350,00 EUR wird um 2.205,00 EUR erhöht und beträgt nun 9.555,00 EUR (3 Anwartschaften zu je 10% = 30% aus 7.350,00 EUR = 2.205,00 EUR).

Ist mit der Ehescheidung auch über das Sorgerecht oder das Umgangsrecht zu entscheiden, so wird der für die Ehescheidung errechnete Streitwert um je 20% erhöht, höchstens aber um 3.000,00 EUR. Hierbei wird nur der für die Ehescheidung allein errechnete Wert angesetzt und nicht der bereits durch den Versorgungsausgleich erhöhte Streitwert.

Beispiel: In unserem Beispiel soll sowohl über das Sorgerecht (+20%) als auch über den Umgang mit den gemeinsamen Kindern entschieden werden (+20%).

Der ursprüngliche Streitwert von 7.350,00 EUR wird um 20 % für das Sorgerechtsverfahren (1.470,00 EUR) und um weitere 20 % für die Regelung des Umgangs (1.470,00 EUR) und damit um insgesamt um 2.940,00 EUR erhöht und beträgt nun 10.290,00 EUR. Gemeinsam mit der Erhöhung durch den Versorgungsausgleich beträgt der Streitwert damit insgesamt 12.495,00 EUR (10.290,00 EUR + 2.205,00 EUR).

Wird gemeinsam mit dem Verfahren auch ein Unterhaltsanspruch (Kindesunterhalt oder Nachehelicher Unterhalt) geltend gemacht, so erhöht sich der Streitwert um das Zwölffache des monatlich verlangten (nicht des am Ende zugesprochenen) Betrages. Als Besonderheit ist zu beachten, dass ein Trennungsunterhaltsanspruch immer gesondert geltend zu machen ist und nicht Teil des Scheidungsverfahrens sein kann.

Beispiel: Gemeinsam mit der Ehescheidung unseres Ausgangsfalls wird auch noch ein nachehelicher Unterhaltsanspruch für die Ehefrau in Höhe von 500,00 beantragt Der ursprüngliche Streitwert in Höhe von 7.350,00 EUR erhöht sich damit um 6.000,00 EUR (12 x 500,00 EUR) und beträgt damit insgesamt 13.350,00 EUR.

Im isolierten Unterhaltsverfahren (ohne oder nach der Ehescheidung) ist ebenfalls das Zwölffache des monatlich geschuldeten Unterhalts anzusetzen.

Sollen im Rahmen der Ehescheidung auch ungleichmäßige Vermögensentwicklungen bei den Ehegatten ausgeglichen werden, die während der Ehe entstanden sind, so erhöht sich der Streitwert um den auszugleichenden Betrag.

Beispiel: Hat sich das Vermögen des Ehegatten während der Ehezeit um 17.000,00 EUR erhöht, das Vermögen der Ehefrau hingegen überhaupt nicht, steht der Ehefrau ein Zugewinnausgleichsanspruch in Höhe von 17.000,00 EUR / 2 = 8.500,00 EUR gegen Ihren Mann zu. Der ursprüngliche Streitwert in Höhe von 7.350,00 EUR erhöht sich entsprechend um 8.500,00 EUR und beträgt nun 15.850,00 EUR.

Dasselbe gilt auch im isolierten Zugewinnausgleichsverfahren.

Besteht Streit um die Verteilung der gemeinsam angeschafften Haushaltsgegenstände und soll das Gericht im Rahmen des Scheidungsverfahrens hierüber entscheiden, erhöht sich der Streitwert um den Wert der betreffenden Gegenstände. Da der tatsächliche Wert nur selten präzise ermittelt werden kann, ist dieser vom Gericht frei zu schätzen.

Beispiel: Ausgehend von einer Liste, die die Eheleute angefertigt haben, wird darüber entschieden, wer welche Gegenstände nach der Scheidung endgültig behalten darf (etwa die Wohnzimmer- und Kücheneinrichtung, der gemeinsam angeschaffte und benutzte etc.). Das Gericht schätzt den aktuellen Wert der zu verteilenden Gegenstände auf insgesamt 5.000,00 EUR. Der Streitwert des Ausgangsfalls steigt um 5.000,00 EUR von 7.350,00 EUR auf 12.350,00 EUR. v

Auch im isolierten Verfahren zur Verteilung des Hausrats bestimmt sich der Streitwert nach der genannten Schätzung.

Kann sich das Ehepaar nicht darauf einigen, wer nach der Ehescheidung die frühere Ehewohnung bewohnen soll und muss das Gericht hierüber eine Entscheidung treffen, erhöht sich der Streitwert um pauschal 4.000,00 EUR.

Beispiel: In unserem Ausgangsfall erhöht sich der Streitwert der Ehescheidung in Höhe von 7.350,00 EUR um 4.000,00 EUR und beträgt damit insgesamt 11.350,00 EUR.

Im isolierten Verfahren ist während der Trennung ein Streitwert von 3.000,00 EUR, nach der Ehescheidung von 4.000,00 EUR anzusetzen.

Außergerichtliche Tätigkeit, Vergleiche

Bitte beachten Sie: Bei der nachfolgenden Tabelle werden nur die Kosten eines gerichtlichen Verfahrens mit einer streitigen Entscheidung dargestellt. Geht diesem eine außergerichtliche Tätigkeit voran oder wird ein Streit durch einen Vergleich beigelegt, so erhöhen sich die Kosten nochmals. Eine konkrete Berechnung wird hierbei jedoch so kompliziert, dass tatsächlich nur ein grob vereinfachter Überblick gegeben werden kann:

Im Falle einer außergerichtlichen Tätigkeit werden die einzelnen Streitpunkte regelmäßig getrennt nach ihrem jeweiligen Gegenstandswert abgerechnet. Die Hälfte der außergerichtlichen Kosten wird jedoch sodann von den gerichtlichen Anwaltskosten abgezogen.

Durch einen Vergleich erhöhen sich die Kosten um etwa 40% des Wertes, der für eine isolierte Berechnung der Angelegenheit angefallen wäre, über die ein Vergleich geschlossen worden ist.